PODIUM 2020: "Systemsprenger - liegt die Sprengkraft im System? | Voraussetzungen eines kindgerechten Aufwachsens"
Die Kinder- und Jugendhilfe hat eine gesellschaftliche (Mit-)Verantwortung für ein gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen. Kann sie aber angesichts zunehmender Belastungsfaktoren die ihr zugedachte Rolle auch tatsächlich erfüllen? Sind die gesellschaftlichen Voraussetzungen so gestaltet, dass ein kindgerechtes Aufwachsen wirklich möglich ist? Der Historiker und Kindheitsforscher Michael Hüter verneint das. Auf Grundlage seiner Forschungen ist er überzeugt: „Nie zuvor in der Menschheitsgeschichte ging es Kindern seelisch und emotional so schlecht wie heute.“ Was fehlt Kindern in der heutigen Gesellschaft? Was brauchen sie für ein gesundes Aufwachsen? Warum haben chronische Krankheiten und psychische Auffälligkeiten bei Kindern in den letzten Jahren dramatisch zugenommen? Diese und weitere Fragen wird Michael Hüter in seinem Vortrag aufgreifen.
Bei den Hilfen zur Erziehung sind Fallzahlen und Ausgaben stark angestiegen. Armut, Arbeitslosigkeit, soziale Ungleichheit und/oder sozialräumliche Segregation beeinflussen diese Entwicklung nachdrücklich. Die Mechanismen und Konsequenzen sozialer Ausgrenzung sowie psychosozialer Risiken werden immer noch unterschätzt. Die damit verbundenen Auswirkungen wird Dr. Wolfgang Hammer in seinem Vortrag erörtern.
Vor diesem Hintergrund tun sich angesichts einer immer stärkeren Häufung hochproblematischer Verhaltensweisen mit Mehrfachstörungen bei Kindern und Jugendlichen sowie einer zunehmenden Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung grundlegende Fragen auf. Die Problematik der sogenannten „Systemsprenger“ ist in den stationären Hilfen der Kinder- und Jugendhilfe ein Thema von Brisanz und Relevanz. Warum aber sprengen junge Menschen die ihnen angebotenen Settings in der Heimerziehung? Gibt es eine innere Logik in den Fallverläufen, die ein Sprengen der Systeme begünstigt oder gar forciert? Und wie kann diesen schwierigen Fallverläufen erfolgreich begegnet werden? Diesen Fragen widmen sich die Vorträge von Viviane Albers und Tijs Bolz.
In der abschließenden Podiumsdiskussion werden die mit der Thematik in Zusammenhang stehenden Fragen diskutiert und es wird nach Lösungswegen gesucht.