VPK-Positionierung "Kinderrechte ins Grundgesetz"

Positionierung vom 20.11.2023

Junge Menschen müssen gehört und beteiligt werden!

Am Internationalen Tag der Kinderrechte fordert der VPK die zügige Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz

Präambel

Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1992 dazu verpflichtet, die Rechte von Kindern zu achten, zu schützen und zu fördern und das Kindeswohl bei allen staatlichen Entscheidungen, die Kinder betreffen, als „vorrangig“ zu betrachten und entsprechend zu berücksichtigen. Doch obwohl Kinderrechte in Deutschland nach der UN-Kinderrechtskonvention geltendes Recht sind, finden diese auch 31 Jahre nach der Ratifizierung der UN-KRK keinen Niederschlag im Grundgesetz. Vielmehr besteht ein wesentliches Umsetzungsdefizit in Gesetzgebung, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung, das Deutschland erst im September 2022 im erneuten Monitoring durch den UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes attestiert wurde. Den Ankündigungen der Koalitionsparteien zum Trotz sind gescheiterten Formulierungsvorschlägen hinsichtlich der erfolgreichen Verankerung der Kinderrechte in der Verfassung bis heute keine weiteren konkreten Schritte gefolgt.


Haltung des VPK

Als Dachverband privater Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe misst der VPK einer umfangreichen Sicherstellung von Kinderrechten in Deutschland eine hohe Bedeutung bei. Die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, insbesondere im Kontext der Pandemie, und die demografische Entwicklung zeigen deutlich, dass die Interessen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen stärker in den Fokus gerückt werden müssen. Hinzu kommt, dass überzeugende politische Lösungen für die aktuellen Herausforderungen in den Bereichen Bildung und Betreuung bis heute nicht mit der dringend notwendigen Kraftanstrengung und politischen Unterstützung gesucht und finanzielle Kürzungen in der Kinder- und Jugendhilfe ohne eine verantwortungsbewusste Folgenabschätzung durchgeführt werden. Die im Jahr 2020 veröffentlichte Position des VPK hat sich im Lichte dieser Entwicklungen und neuer Erkenntnisse geändert. Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist ein notwendiger Schritt, um ein verfassungsrechtliches Fundament für den Kinderschutz und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu schaffen. Die geplante Grundgesetzänderung, welche im Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode festgehalten wurde, ist ein positives Signal und sollte zügig umgesetzt werden.

Im Interesse der Sicherung von Kinderrechten und einer tatsächlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen für ein sicheres Aufwachsen von Kindern misst der Verband nach wie vor der konsequenten Umsetzung von einfachgesetzlichen Regelungen zur Sicherstellung des Kinderschutzes wie auch von Kinderrechten, die den Kindern und Jugendlichen tatsächlich zugutekommen, eine zentrale Bedeutung bei. Hier besteht ohne Frage nach wie vor ein erheblicher Reformbedarf dahingehend, dass strukturelle Voraussetzungen nicht nur symbolisch gefordert, sondern auch tatsächlich geschaffen und soziale Räume für Familien förderlich gestaltet werden. In diesem Sinne wäre es u.a. auch zielführend, die föderalen Finanzstrukturen von Bund, Ländern und Gemeinden kritisch zu überprüfen, damit zur Erreichung dieses Ziels zukünftig in allen kommunalen Gebietskörperschaften die dafür erforderlichen Finanzausstattungen tatsächlich vorliegen und ihre Wirkung entfalten können.

Jedoch hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre ebenfalls gezeigt, dass einfachgesetzliche Regelungen offenbar nicht ausreichen, um zeitgemäße, finanziell auskömmliche und den Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien wirklich entsprechende Angebote und Strukturen zu schaffen und jungen Menschen Gehör in allen sie betreffenden Angelegenheiten zu verleihen. Im Gegensatz zu Erwachsenen können Kinder ihre Rechte nicht selbst einfordern und verteidigen, sondern sind bei der Umsetzung ihrer Grundrechte auf den besonderen Schutz, die Förderung und die Beteiligung durch die Gesellschaft angewiesen. Eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz allein wird das aktuell bestehende Dilemma der unzureichenden Berücksichtigung von Kinderinteressen vielleicht nicht lösen. Die Schaffung eines verfassungsrechtlichen Fundaments und die Zuweisung eines festen und klar sichtbaren Platzes zwischen UN-KRK, Völkerrecht und unserer höchsten Werteordnung – dem Grundgesetz – vermag jedoch ein erster, aber wichtiger Etappensieg bei der Sicherstellung von Kinderrechten und der Implementierung überzeugender Maßnahmen zum Kinderschutz in Deutschland sein.
 

Forderungen des VPK

  • Der VPK betont die Notwendigkeit, Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Dies würde nicht nur die Sichtbarkeit und Anerkennung der Kinderrechte erhöhen, sondern auch ein starkes verfassungsrechtliches Fundament für ihre Durchsetzung und Förderung schaffen. Die verfassungsrechtliche Verankerung der Kinderrechte ist ein entscheidender Schritt, um die Rechte und das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen in allen gesellschaftlichen Bereichen und politischen Entscheidungsprozessen zu fördern und zu schützen.
  • Der VPK spricht sich für eine Verbesserung der Beteiligungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen aus. Die Stimmen junger Menschen in allen sie betreffenden Angelegenheiten müssen gehört werden. Ihre aktive Beteiligung und Einbeziehung in Entscheidungsprozesse, insbesondere in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sozialwesen, ist unerlässlich, denn nur so können ihre Interessen und Bedürfnisse angemessen berücksichtigt werden.
  • Der VPK fordert eine umfassende Stärkung der Kinder- und Jugendhilfe. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen und der Auswirkungen der Pandemie auf junge Menschen ist es unabdingbar, dass die erforderlichen Ressourcen und Unterstützungen bereitgestellt werden, um die Kinder- und Jugendhilfe effektiv zu stärken. Dies umfasst sowohl finanzielle Investitionen als auch strukturelle Verbesserungen, um die Qualität und Reichweite der Unterstützungsangebote zu erhöhen und den Zugang zu diesen Angeboten für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.

Schlussfolgerung

Mit seiner Aussprache für eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz möchte der VPK keine Symbolpolitik betreiben. Im Gegenteil: Das sorgfältige Abwägen und Diskutieren der Erfolgsaussichten dieses Schritts in den eigenen Reihen hat gezeigt, dass auch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz aus Sicht des Verbandes nicht ausschließen kann, dass Kindern ihre Rechte verwehrt bleiben. De eingangs skizzierten aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und die sich daraus ergebenden Notwendigkeiten überwiegen jedoch jedwede noch immer bestehende Skepsis bzw. Unsicherheit hinsichtlich der Umsetzung dieses auf völkerrechtlicher Ebene gemeinsam definierten Ziels.

Die Sichtbarmachung und vorrangige Berücksichtigung der Bedürfnisse und Interessen von Kindern sind eine zentrale, langfristige und herausfordernde gesellschaftspolitische Aufgabe. Sie zu erfüllen obliegt allen freiheitlich-demokratisch denkenden und handelnden Kräften in Deutschland. Eine überzeugende Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg.

 

VPK-Bundesverband e.V.
Berlin, November 2023
 

Kontakt / Ansprechpartner
Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK)
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Hintergrund

Der VPK-Bundesverband ist der einzige bundesweite Dachverband für private Träger der freien
Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe. Er ist politisch und finanziell unabhängig und wird durch die Beiträge der Mitglieder der Landes- und Fachverbände finanziert, die auf Grundlage des Sozialgesetzbuches verschiedene Dienstleistungen in der Kinder- und Jugendhilfe erbringen.
Der VPK wird zur Interessenvertretung seiner Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft aktiv. Er ist nach seinem Selbstverständnis qualitäts- und leistungsorientiert und in verschiedenen übergreifenden Gremien bundesweit vertreten. Der Verband wird in allgemeinen und grundsätzlichen Fragestellungen der Kinder- und Jugendhilfe initiativ, verfasst Stellungnahmen, unterhält eine Internetseite und gibt die Fachzeitschrift „Blickpunkt Jugendhilfe“ heraus.