VPK und Familienpolitiker*innen tauschen sich zu aktuellen Herausforderungen der Kinder- und Jugendhilfe aus und verabreden gemeinsames Vorgehen
Am 9. Februar 2023 lud der Bundesverband privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK) zum parlamentarischen Frühstück in die Reichstagskuppel ein. Insgesamt zehn Abgeordnete der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke, darunter die Vorsitzende des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Deutschen Bundestag, Ulrike Bahr (SPD), folgten der Einladung des Verbandes, sich in einem offenen und konstruktiven Dialog zwischen Politik und Praxis zu aktuellen Themen der Kinder- und Jugendhilfe und möglichen Lösungsstrategien für bestehende Herausforderungen auszutauschen. Dabei standen die Themen Inklusion, Fachkräftegewinnung und die Zukunft familienähnlicher Wohnformen im Fokus der Diskussion. Aber auch die praktische Umsetzung der erst im Januar dieses Jahr in Kraft getretenen Abschaffung der Kostenheranziehung junger Menschen in der Jugendhilfe stand auf der Agenda.
„Das große Interesse an unseren Themen und die Bereitschaft, gemeinsam über Lösungen für eine Verbesserung der Situation von in der Jugendhilfe untergebrachten jungen Menschen zu diskutieren, hat uns sehr beeindruckt. Vor allem hat uns dies gezeigt, dass wir mit unserer Arbeit offenbar auf dem richtigen Weg sind“, so Martin Adam, Präsident des Bundesverbandes privater Träger der freien Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe e.V. (VPK). „Die mit der Reform des SGB VIII einhergehenden Veränderungen für die Kinder- und Jugendhilfe sind zum großen Teil begrüßenswert. Aber um auch zukünftig erfolgreich im Sinne der von uns betreuten jungen Menschen zu wirken, bedarf es gemeinsamer Anstrengungen“, so Adam weiter. Gerade die beschlossene Umsetzung der Inklusion in all ihren Facetten, aber auch die Bekämpfung des allerorten bestehenden Fachkräftemangels stellen die Kinder- und Jugendhilfe vor Herausforderungen, für die aus Sicht aller Teilnehmenden nur gemeinsam überzeugende Lösungen gefunden werden können. „Wir brauchen das gemeinsame Handeln von Bund, Ländern, Kommunen und freien Trägern, um dem Fachkräftemangel erfolgreich zu begegnen. Dazu gehören bundesweite Kampagnen zur Erhöhung des Ansehens und der Wahrnehmung der erzieherischen Berufe, die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und eine offene Diskussion über die Anerkennung beim Quereinstieg. Aber auch die Vereinheitlichung der Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher, die flächendeckende Einführung dualer Ausbildungsmodelle und die Abschaffung der Schulkosten sind wesentliche Voraussetzungen für die Gewinnung des Nachwuchses“, so Martin Adam.
Einigkeit bestand auch darüber, dass die Umsetzung der Inklusion bedarfsgerecht und damit im Sinne von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern erfolgen muss. Sowohl in der Kinder- und Jugendhilfe als auch in der Behindertenhilfe haben sich in den letzten Jahren vielfältige und hoch spezialisierte Angebotsformen entwickelt, die es neben der Weiterentwicklung inklusiver Angebote unbedingt beizubehalten gilt. Zentral für die erfolgreiche Zusammenarbeit der bisher strikt voneinander getrennten Bereiche ist zudem die bundesweite Stärkung der Jugendämter, die nur durch eine verbesserte finanzielle und personelle Ausstattung sowie den Ausbau der digitalen Infrastruktur in ihrer Aufsichts- und Beratungsfunktion gestärkt werden kann.
Ungewiss ist nach wie vor die Zukunft familienähnlicher Wohnformen, die durch besondere Nähe in Kleinstgruppen gekennzeichnet sind und sich insbesondere an Kinder und Jugendliche richten, die nach besonders traumatischen Erlebnissen oder aufgrund von Bindungsbelastungen nicht mehr in ihre Herkunftsfamilie zurückkehren können. Diese Einrichtungen sind aktuell in ihrer Existenz bedroht – es sei denn, sie sind in trägerübergreifende Strukturen eingebunden. Hier appellierte der Verband noch einmal an die anwesenden Mitglieder des Familienausschusses, sich entsprechend ihrer Möglichkeiten einzusetzen und den Erhalt dieser wichtigen Betreuungsform auch zukünftig sicherzustellen.
Bei der erst im Januar 2023 in Kraft getretenen Abschaffung der Kostenheranziehung, wonach in Jugendhilfeeinrichtungen lebende junge Menschen zukünftig keinen Beitrag mehr aus ihrem Einkommen an das Jugendamt abgeben sollen, hat sich gezeigt, dass in der praktischen Umsetzung durch die Jugendämter mancherorts Praktiken angewendet werden, die den ursprünglichen Zielen des neues Gesetzes für die jungen Menschen zuwiderlaufen. Auch in diesem Punkt war sich der überwiegende Teil der Anwesenden einig, dass es der Abstimmung und eines gemeinsamen Handelns bedarf, um die ursprüngliche positive Intention des Gesetzes nicht zu gefährden.
„Der heutige Austausch war äußerst konstruktiv, vertrauensvoll und spannend zugleich“, so Martin Adam. Wir werden das Angebot unserer Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner gerne annehmen, an diesen Austausch anzuknüpfen, unsere jeweiligen Erfahrungen zu teilen und gemeinsam dazu beizutragen, dass sich die Kinder- und Jugendhilfe im Interesse der jungen Menschen weiterentwickelt. Und wir werden auch zukünftig bereitstehen, wenn es darum geht, Missstände aufzuzeigen und konstruktive Ideen und Lösungen zu entwickeln“, so Adam abschließend.
VPK-Bundesverband e.V.
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Hintergrund
Der VPK-Bundesverband ist der einzige bundesweite Dachverband für private Träger der freien
Kinder-, Jugend- und Sozialhilfe. Er ist politisch und finanziell unabhängig und wird durch die Beiträge der Mitglieder der Landes- und Fachverbände finanziert, die auf Grundlage des Sozialgesetzbuches verschiedene Dienstleistungen in der Kinder- und Jugendhilfe erbringen.
Der VPK wird zur Interessenvertretung seiner Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft aktiv. Er ist nach seinem Selbstverständnis qualitäts- und leistungsorientiert und in verschiedenen übergreifenden Gremien bundesweit vertreten. Der Verband wird in allgemeinen und grundsätzlichen Fragestellungen der Kinder- und Jugendhilfe initiativ, verfasst Stellungnahmen, unterhält eine Internetseite und gibt die Fachzeitschrift „Blickpunkt Jugendhilfe“ heraus.